Kreistagssitzung – Lesung zum Kreishaushalt 2021,

Freitag, 6. November 2020,
Landratsamt Biberach, großer Sitzungssaal
(es gilt das gesprochene Wort)

Sehr geehrter Herr Landrat,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Kreistags,
sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kreisverwaltung,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

gleich zu Beginn möchte ich nochmals ausführen, dass aus Sicht der Freien Wähler Fraktion besonders in diesem Jahr von einer umfassenden Aussprache im Rahmen der Haushaltseinbringung hätte abgesehen werden können. Die Anträge, Wünsche und Erläuterungen der Fraktionen zum Haushalt in schriftlicher Form in die Verwaltung zu geben und diese dann in der Diskussion in den Ausschüssen zu behandeln wäre nicht weniger zielführend. Eine breite, auch politische Aussprache, im Rahmen des Haushalts lässt uns die Verabschiedung immer noch.

Wir haben uns nunmehr auf diesen Weg verständigt und wollen uns alle den Umständen entsprechend kurzhalten.

Sehen Sie mir daher nach, dass ich auch nur auf die aus unserer Sicht wesentlichen Punkt kurz eingehen und unsere Gedanken zum Haushalt im allgemeinpolitischen Kontext erst im Rahmen der Verabschiedung vorbringen will.

Ganz zu Beginn ist es uns ein Anliegen an dieser Stelle unseren ganz besonderen Dank und große Anerkennung an alle Mitarbeiter des Hauses, vor allem im Gesundheitsamt für Ihren enormen Einsatz, den Sie derzeit bringen zur Bewältigung der Coronapandemie, auszusprechen.

 

Meine Damen und Herren,

die Fraktion der Freien Wähler bedankt sich für den von der Verwaltung unterbreiteten Weg den Kommunen in dieser finanziell schwierigen Zeit mit einer Senkung der Kreisumlage auf 24 Prozentpunkte unter die Arme zu greifen. Dies lässt der komfortabel ausgestattete Kreishaushalt zu. Die finanziellen Pandemieeinschläge treffen den Kreis, anders als die Kommunen, erst in den kommenden Jahren. Trotz der Senkung wird der Kreis rund 1,7 Mio. Mehreinnahmen aus der Kreisumlage im Vergleich zum Vorjahr verbuchen. Ob das ordentliche Ergebnis wie geplant 2021 mit über 4 Mio. negativ ausfällt bleibt abzuwarten. Sollte dem so sein, stehen dem Kreis ausreichend Mittel zur Verfügung den Ausgleich dennoch herbeizuführen.

Klar ist hingegen auch, dass die wirklich spannenden Diskussionen um die Kreisumlage erst in den Folgejahren anstehen, wenn der Kreis mit weniger Einnahmen rechnen muss, die Kommunen sich aber längst nicht erholt haben werden.

Nur kurz zu den Investitionsschwerpunkten:

Bereits in den Vorjahren haben wir uns als Fraktion stark gemacht für Investitionen in den Bereichen Bildung und Infrastruktur mit dem Focus auf Digitalisierung.

Mit der Neukonzeption des Schülerwohnheims, den Planungen zur Erweiterung der Beruflichen Schule Riedlingen und einer fortschreitenden Digitalisierung unserer Schulen gehen wir weiter diesen Weg. Es freut uns, dass der Antrag der Freien Wähler aus dem letzten Jahr die Zufahrts- und Parkplatz Situation am Museumsdorf Kürnbach zu verbessern wiederum im Haushalt zu finden ist.

Und auch der Breitbandausbau als ein Kernthema unserer Fraktion schreitet voran und ist im investiven Bereich des Haushalts mit 6,5 Mio. Euro in diesem Jahr hinterlegt.

Ganz deutlich wollen wir uns an dieser Stelle auch nochmals für eine möglichst rasche Realisierung des Aufstiegs zur B30 im Rahmen einer Tunnellösung an dieser Stelle positionieren.

Ich möchte nun an dieser Stelle nur noch kurz konkret auf einzelne Anträge und Fragestellungen der Freien Wähler Fraktion eingehen.

Mit Spannung haben wir das angekündigte Mobilitätskonzept erwartet. Ich danke der Verwaltung, dass wir einige erste Unterlagen vor zwei Tagen erhalten haben. Inhaltlich kann ich das Konzept noch nicht gänzlich bewerten. Auf den ersten Blick ist es zumindest eine gute Vorbereitung für die ohnehin notwendige Fortschreibung des Nahverkehrsplans. Die Ergebnisse der Befragungen überraschen nicht. Was auffällt ist, das (wie erwartet) großen innovativen Ansätze nicht zu finden sind, sich die Ausarbeitung zu sehr auf Zentralörtlichkeit fokussiert und man die Kostenseite sämtlicher Überlegungen zum Busverkehr zunächst ausblendet. Gut ist, dass uns bereits derzeit ein im Vergleich gut ausgebauter Verkehr bescheinigt wird.

Nun ist es an uns auf dieser Grundlage, in finanzierbarem Umfang, Verbesserungen im System auf den Weg zu bringen.

Besonderen Augenmerk sollt hier der Bahnverkehr haben und wir hoffen auf weitere Haltepunkte der Südbahn im südlichen Landkreis.

Große Bedeutung für die Freien Wähler und auch in der Konzeption hat der Radwegnetzausbau. Auch auf diesen Aspekt wird in der Untersuchung eingegangen. In den Vorjahren haben wir immer wieder gebeten den Radwegausbau zu beschleunigen. Nunmehr wird 2021/22 das Radwegmehrjahresbauprogramm von 2013 komplett überarbeitet.

Wir beantragen dieses Radwegbauprogramm deutlich höher finanziell zu hinterlegen und auch, wenn technisch und personell möglich mehr Maßnahmen pro Jahr aufzunehmen. Wir könnten uns hierbei einen pauschalen Planungsansatz und eine deutliche Erhöhung der derzeitigen Haushaltsmittel vorstellen.

In diesem Zuge sind wir auch gespannt auf die neue Stelle eines Kreiskoordinators für Radverkehr und Mobilitätsstationen, die wir im Haushalt bisher nicht gefunden haben. Die genauen Aufgaben und die Notwendigkeit einer solchen Stelle sollten wir im VFA noch diskutieren. Der Bau und die Umsetzung von Radwegemaßnahmen steht aus unserer Sicht allerdings im Vordergrund.

Das Thema Digitalisierung beschäftigt die Freien Wähler nun auch schon eine geraume Zeit. Wir sind dankbar, dass unsere Bitte aus dem Vorjahr, dem Thema Digitalisierung systematisch im Landkreis mehr Gewicht zu geben, nunmehr mit dem neuen Amt für Organisation und Digitalisierung genau diesen Schwerpunkt bekommt. Eine Zusammenfügung dieses Bereiches mit dem in der Fläche stattfindenden Breitbandausbau macht zudem Sinn.
Wenn die Corona-Pandemie eines ganz deutlich offenbart hat, dann war dies die Erkenntnis, dass Digitalisierung entscheidend ist. Sie ist für uns Freie Wähler eine ganz essentielle Notwendigkeit, um die anstehenden Aufgaben in allen Bereichen bewältigen zu können. Der Ausbau des Glasfasernetzes im Landkreis Biberach wurde von den Freien Wählern in den vergangenen Jahren hartnäckig eingefordert. Der laufende Ausbau der Breitbandversorgung ist mit über 30 Millionen die größte Einzelveranschlagung im Bereich Infrastrukturausbau im Haushalt. Insgesamt müssen vom beauftragten Unternehmen über 100 Kilometer Kabelgraben hergestellt werden. Hier bitten die Verwaltung daher uns zeitnah einen Sachstandbericht zum laufenden Breitbandausbau und der Umsetzung der Digitalisierungsstrategie, vor allem mit Blick auf die Ämter des Hauses und der Schulen zu geben.

Kommen wir zum Stellenplan. Zunächst beantragen wir die Stelle Sachbearbeiter/in im Straßenverkehrsamt nicht nur als 50% Stelle, sondern als 100% Stelle in den Stellenplan aufzunehmen. Über Jahre stellen wir fest, dass dieser Bereich z.B. im Rahmen der Verkehrsschauen und verkehrsrechtlichen Anordnung drastisch unterbesetzt ist. Dies geht nicht nur auf Kosten der Mitarbeiter, sondern führt auch zu einem nicht mehr tragbaren Defizit bei der Umsetzung von Maßnahmen.

Der weiteren Stelle im Bauamt wollen wir nur bedingt zustimmen. Die Freien Wähler beantragen diesen Stellenumfang für eine neue Stelle zu verwenden, die auch interdisziplinär mit dem Landwirtschaftsamt und Amt für immissions- und Arbeitsschutz zusammenwirken sollte (Antrag Stelle für die Aktivierung Innerörtlicher Potentiale). Wir stellen in den letzten Jahren immer mehr fest, dass Kommunen gerne im Innenbereich ihrer Ortschaften Bauland aktivieren möchten, aber zunehmend blockiert sind durch landwirtschaftliche Altbestände bzw. Immissionsrechtliche Hindernisse. Das Ergebnis ist eine noch stärkere Ausweisung von Bauflächen auf der „grünen Wiese“. Durch den §62 Abs.3 LBO gibt es ein probates Mittel proaktiv diese Gemengelagen zu erfassen, darüber hinaus gemeinsam mit Betroffenen und den Gemeinden nach Lösungsansätzen zu suchen. Die Stelle eines Koordinators für diese Fragestellung hätte mittelfristig einen großen Effekt auf die gewünschte Innenverdichtung und würde nachhaltig weniger Flächenverbrauch an den Außenbereichen der Kommunen bedeuten.

 

Zuletzt stellen wir den Antrag, moderiert durch das Dez. 3 und unter Einbindung des LEV, eine Arbeitsgruppe aus der Mitte des Kreistags zum Thema

Ökologie und Biodiversität im Landkreis Biberach einzurichten.

Wir sind der Auffassung, dass dieses Thema nicht von oben aufgesetzt werden sollte, sondern gemeinsam mit allen Fraktionen intensiv besprochen, erörtert und abgestimmt werden muss. Diese Arbeitsgruppe könnte konkrete Maßnahmen, die in unmittelbarer Zuständigkeit des Landkreises sind, erarbeiten vorschlagen und hätte so eine breite, mehrheitliche und von allen gewünschte Akzeptanz aus der Mitte des Kreistags.

Die Freien Wähler sehen hier Themen wie Koordination von gemeindeübergreifenden Öko-Maßnahmen, einen Ökopunkte- Flächenpool, aber auch eine extensive Bewirtschaftung von kreiseigenen Flächen als mögliche Ansätze.

 

Konkret beantragen wir bereits für das kommende Jahr künftig Grünstreifen entlang der Kreisstraßen und auf kreiseigenen Flächen, soweit dies rechtlich und tatsächlich möglich ist, nicht mehr zu mulchen sondern nur noch 2-3 jährlich zu mähen und abzufahren, sukzessive Blühstreifen anzulegen und unnötig versiegelte Flächen, etwa auf Straßeninseln zu öffnen. Sollten hierfür neuen Geräte (Balkenmäher), ein höherer personeller Aufwand bzw. ein höherer finanzieller Pflegeaufwand nötig werden, sollen die Haushaltsmittel hierfür vorgesehen werden. Da diese Maßnahmen sich langsam aufbauen und umgesetzt werden müssen, kann auch konzeptionell über die nächsten Jahre an diesem Thema gearbeitet bzw. dieses in seiner konkreten Ausgestaltung in der Arbeitsgruppe beraten werden.

 

Neben diesen wenigen Anträgen und Gedanken stimmen die Freien Wähler dem vorgelegten Haushalt selbstverständlich in seiner1000 Gesamtheit zu.

 

Meine Damen und Herren,

daher zum Abschluss unser Lob und Dank an die Kreisverwaltung für den vorgelegten Haushaltsplan und die damit zusammenhängende Arbeit.

Unser herzlicher Dank gilt Herrn Kreiskämmerer Adler und seinen Mitarbeitern für den uns vorgelegten Haushaltsplan mit seiner umsichtigen und die richtigen Schwerpunkte setzenden Haushaltspolitik. Wir sagen Dank an Herrn Landrat Dr. Schmid und die gesamte Kreisverwaltung.

 

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